Studien ab 1997
LIEBESLEBEN -Studie – Wissen, Einstellungen und Verhalten zu sexueller Gesundheit und sexuell übertragbaren Infektionen (STI)
Ausgewählte Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln
Nachfolgestudie von AIDS im öffentlichen Bewusstsein
Kurzbericht, September 2024
LIEBESLEBEN-Studie – Wissen, Einstellungen und Verhalten zu sexueller Gesundheit und sexuell übertragbaren Infektionen (STI)
Ziele:
Erstmalig durchgeführte Nachfolgestudie von ‚AIDS im öffentlichen Bewusstsein‘. Die Ziele sind die Untersuchung von Wissen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu sexueller Gesundheit und sexuell übertragbare Infektionen (STI) in der Bevölkerung. Der Kurzbericht stellt die Ergebnisse zu folgenden Themen vor:
• Wissen zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI)
• Kenntnis von Vorsorgemaßnahmen in Bezug auf Humane Papillomviren (HPV) und Chlamydien
• Verhalten zum Schutz vor STI
• Nutzung von Kondomen zum Schutz vor STI
Untersuchungsmethodik:
Repräsentative Befragung der deutschsprachigen Allgemeinbevölkerung ab 16 Jahren
Verfahren der Datenerhebung:
Online-Befragung
(CAWI = Computer Assisted Web Interviewing)
Auswahlverfahren:
Quotiert nach den Merkmalen Bildung, Alter, Geschlecht und Wohnort aus einem aktiv rekrutierten Online-Access-Panel (Überquotierung der 16- bis 44-Jährigen im Basis-Datensatz n=4.040)
Stichprobengröße:
• Vollständige Interviews: n = 4.640
• davon Basisstichprobe: n = 4.040 gesamt, n = 2.667 Personen im Alter von 16 bis 44 Jahren; n = 1.373 Personen ab 45 Jahren
• davon Boost „sexuelle Orientierung“: n = 600
Gewichtung der Studie:
Gewichtung der Gesamtstichprobe nach den Merkmalen Alter, Geschlecht, Bundesland, Bildung und Haushaltsgröße (gemäß ihrer realen Verteilung in der Bevölkerung).
Integration der Aufstockung „sexuelle Orientierung" durch Heruntergewichtung auf die jeweils realen Anteile. Durch dieses Verfahren wurden die durch die Aufstockung erzielten Anteile der sexuellen Orientierung wieder auf die realen Anteile an der Gesamtbevölkerung „heruntergewichtet“. Vorteil: Da hinter den Gruppen (bisexuell, pansexuell, vorwiegend/ausschließlich homosexuell, asexuell, uneindeutig/unsicher) 600 geführte Interviews mit deren Sichtweisen und Einstellungen stehen, können für diese Befragtengruppen in den meisten Fällen zuverlässige Aussagen auf ausreichender Datenbasis getroffen werden.
Befragungszeitraum und Interviewdauer:
• 06. Dezember – 18. Dezember 2023
• Interviewdauer: Ø 21 Minuten
Studienplanung & Berichterstattung:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln,
Referate Q3 und T3
Autorinnen: Dr. Sarah Halbach, Christina Spille-Merkel
Interviewprogrammierung, Datenerhebung, Datenanalyse, Gewichtung, Berichterstattung:
INFO GmbH Markt- und Meinungsforschung
In diesem Bericht werden zentrale Ergebnisse der „LIEBESLEBEN-Studie - Wissen, Einstellungen und Verhalten zu sexueller Gesundheit und sexuell übertragbaren Infektionen (STI)“ dargestellt. Die Studie ist eine repräsentative Befragung der Bevölkerung in Deutschland mit 4.640 Teilnehmenden im Alter ab 16 Jahren, die im Dezember 2023 durchgeführt wurde. Sie vermittelt wesentliche Erkenntnisse zu unterschiedlichen Themen der sexuellen Gesundheit, vor allem im Bereich des Schutzes vor STI.
Eine grundsätzliche Voraussetzung für den Schutz vor STI ist deren Bekanntheit. Auf die offene Frage danach, welche STI bekannt seien, antworten im Jahr 2023 56 % mit „HIV/AIDS“. „Syphilis“ und „Gonorrhö“ werden von jeweils 28 % genannt. „Chlamydien“, die weltweilt zu den häufigsten STI zählen, werden von lediglich 11 % spontan aufgezählt, das „Humane Papillomvirus (HPV)“ sogar von nur 6 %. Bei der Vorgabe von zehn STI, geben 89 % an, „HIV/AIDS“ zu kennen, 83 % „Gonorrhö“ und 82 % „Syphilis“. „Chlamydien“ kennen gegenwärtig lediglich 60 %, nur 40 % kennen „HPV“. Etwa ein Viertel der Allgemeinbevölkerung ab 16 Jahren (23 %) hat sich bereits wegen einer Ansteckung mit STI gesorgt. Von ihnen suchten zwei Drittel (66 %) in diesem Zusammenhang Ärzt*innen auf.
Impfungen und Tests sind wichtige Schutzmaßnahmen vor STI. Im Jahr 2023 wissen 61 %, dass sich junge Frauen zwischen 9 und 17 Jahren kostenlos gegen HPV impfen lassen können, aber nur 33 % kennen diese kostenlose Impfmöglichkeit auch für junge Männer zwischen 9 und 17 Jahren. Das jährliche, kostenlose Screening auf Chlamydien für sexuell aktive Frauen unter 25 Jahren ist nur bei 16 % bekannt.
Schutzverhalten vor STI ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Beziehungsstatus und sexuellen Aktivitäten relevant. 80 % der sexuell erfahrenen Allgemeinbevölkerung ab 16 Jahren, die in festen Beziehungen sind, hatten noch nie mit einer anderen Person außerhalb ihrer aktuellen Beziehung Sex. 15 % hatten während ihrer Beziehung schon einmal Sex mit mindestens einer anderen Person. Etwa ein Drittel (38 %) derer mit Sexualkontakten außerhalb der Beziehung schützte sich vor STI; 61 % ergriffen nicht immer Schutzmaßnahmen. Gespräche über STI vor dem ersten Sex in der Beziehung führten lediglich 19 %, wobei Jüngere häufiger STI thematisierten (29 % in der Altersgruppe 16-25 Jahre).
37 % der Personen ohne aktuell feste Beziehung, aber mit Beziehungs- und sexuellen Erfahrungen, verwendeten beim letzten Sex ein Kondom; 61 % ergriffen keine Schutzmaßnahmen vor STI.
Obwohl gegenwärtig 89 % der sexuell aktiven Personen in der Allgemeinbevölkerung ab 16 Jahren über Erfahrungen mit Kondomen verfügen, nutzte nur die Hälfte derer, die Sex in den letzten 12 Monaten hatte, in diesem Zeitraum zumindest manchmal Kondome (47 %), darunter 17 % immer.
62 % derer, die nicht immer ein Kondom nutzten, begründen den Verzicht damit, dass sie sich ihrer und der Gesundheit ihres Sexualkontaktes sicher gewesen seien; jede vierte Person nennt ein verringertes Lustgefühl.
Die Daten zeigen in ihrer Gesamtschau, dass nach wie vor Herausforderungen in der Präventions- und Aufklärungsarbeit rund um HIV und andere STI bestehen. Es gilt weiterhin auf die Wichtigkeit des Schutzes vor STI hinzuweisen und auch spezifische Angebote, wie das Chlamydien-Screening und die HPV-Impfung, in ihrer Bekanntheit und Annahme zu steigern. Dazu ist es notwendig, Tabuisierungen entgegenzuwirken und mit der komplexen Intervention LIEBESLEBEN eine verlässliche Quelle für Informationen bereitzustellen.
Repräsentative Befragung der deutschsprachigen Allgemeinbevölkerung ab 16 Jahren