Studien ab 1997
Infektionsschutz - Einstellungen, Wissen und Verhalten von Erwachsenen und Eltern gegenüber Impfungen
Ergebnisse der Repräsentativbefragung 2020 zum Infektionsschutz
Projekttitel
Einstellungen, Wissen und Verhalten von Erwachsenen und Eltern gegenüber Impfungen – Ergebnisse der Repräsentativbefragung 2020 zum Infektionsschutz
Ziele
Ermittlung von Daten als Grundlage für eine zielgerichtete Weiterentwicklung und Planung künftiger Maßnahmen der BZgA zur Steigerung der Durchimpfungsrate in der Bevölkerung.
Ermittlung des Kenntnisstands sowie Identifikation von Impfhindernissen und möglichen Vorbehalten gegenüber dem Impfen im Kindesalter.
Evaluierung bestehender Maßnahmen und Aktivitäten.
Untersuchungsmethodik
In mehrjährigen Abständen wiederholte deutschlandweite Repräsentativbefragung der 16- bis einschließlich 85-jährigen Bevölkerung.
Verfahren der Datenerhebung
Computergestützte Telefoninterviews (CATI)
Auswahlverfahren
Auswahl der Zielpersonen über eine Kombination von Festnetz- und Mobilfunkstichprobe (Dual-Frame-Design)
Aufstockung der Stichprobe um insgesamt 504 schwangere Frauen sowie insgesamt 1.153 Mütter bzw. Väter 0- bis 13-jähriger Kinder
Ausschöpfung
47,9 % (Festnetzstichprobe) und 36,8 % (Mobiltelefonstichprobe)
Stichprobengröße
5.002 Befragte
Befragungszeitraum
15. Juli bis 1. September 2020
Interviewprogrammierung, Stichprobenziehung, Datenerhebung, Gewichtung
forsa. Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH
Studienplanung, Datenanalyse und Berichterstattung
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln
Referat 1-11
Autoren: Horstkötter N, Desrosiers J, Müller U, Ommen O, Reckendrees B, Seefeld L, Stander V, Goecke M, Dietrich M
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) führt regelmäßig bundesweite Repräsentativbefragungen zum Thema Infektionsschutz durch. Ziel der vorliegenden Wiederholungsbefragung war es, das Wissen, die Einstellung und das Verhalten der Bevölkerung im Alter von 16 bis 85 Jahren zum Thema Infektionsschutz durch Impfen und deren Veränderung im Zeitverlauf zu ermitteln.
Ein Schwerpunkt der Befragung lag bei den Schutzimpfungen als präventive Maßnahme zur Vermeidung von Infektionen im Erwachsenenalter. Neben dem Impfverhalten und der generellen Impfbereitschaft sollten auch Impfhindernisse und mögliche Vorbehalte gegenüber Impfungen identifiziert werden.
Ein zweiter Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung waren Impfungen im Kindesalter. Hierzu wurden die Einstellungen der Eltern 0- bis 13-jähriger Kinder zum Thema Impfungen im Kindesalter differenziert erfasst. Ziel war es, mögliche Faktoren zu identifizieren, die Eltern davon abhalten, die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Impfungen im Säuglings- und Kindesalter umzusetzen. Zudem wurden das Informationsverhalten und die bevorzugten Kommunikationskanäle der Mütter und Väter zum Thema Impfen von Kindern sowie der Stellenwert der Ärzteschaft in der Impfaufklärung der Eltern beleuchtet.
In der Befragung 2020 wurden zudem die Bewertung von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie durch die 16- bis 85-Jährigen sowie deren Bereitschaft zur Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung ermittelt.
IMPFUNGEN IM ERWACHSENENALTER
Einstellungen zu Schutzimpfungen und Impfempfehlungen
Schutzimpfungen für Erwachsene werden von der großen Mehrheit der befragten Bevölkerung als wichtig eingestuft. Dies gilt insbesondere für die Impfungen gegen Tetanus, Kinderlähmung, Masern und Hepatitis B. Ostdeutsche bewerten die meisten Schutzimpfungen häufiger als wichtig als Bürger in den alten Bundesländern.
Gut vier Fünftel der 16- bis 85-Jährigen bezeichnen sich selbst als Impfbefürworter. Etwa ein Sechstel äußert teilweise Vorbehalte. Vier Prozent haben eine „(eher) ablehnende“ Haltung gegenüber dem Impfen. Der Anteil derjenigen, die Impfungen „befürwortend“ gegenüberstehen, liegt seit 2018 auf einem konstant hohen Niveau.
Durchgeführte Impfungen in den letzten fünf Jahren (Selbstauskünfte)
Die große Mehrheit von 71 Prozent der Befragten hat nach eigenen Angaben in den vergangenen fünf Jahren mindestens eine Impfung erhalten. Am häufigsten erinnern sich die Befragten an Impfungen gegen Tetanus und saisonale Grippe. Personen zwischen 16 und 20 Jahren, Befragte mit höherem Schulabschluss, chronisch Kranke, Angehörige des medizinischen Personals sowie jene mit einer generell positiven Einstellung gegenüber dem Impfen geben überdurchschnittlich häufig an, in den letzten fünf Jahren geimpft worden zu sein.
Masernimpfung
Seit Juli 2010 gibt es eine Impfempfehlung gegen Masern für Personen, die nach 1970 geboren wurden. Zwei Fünftel der Betroffenen haben schon von dieser Empfehlung gehört. Dieser Wert ist seit 2012 gestiegen. Wissensdefizite sind das am häufigsten genannte Hindernis für die Inanspruchnahme einer Masernimpfung. Seit 1. März 2020 ist zudem das Masernschutzgesetz in Kraft getreten, welches für bestimmte Personengruppen eine Pflicht zum Nachweis des Masernschutzes vorsieht. Vier Fünftel der befragten Eltern haben bereits davon gehört, dass alle Kinder beim Eintritt in den Kindergarten oder die Schule die ab dem vollendeten ersten Lebensjahr empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen müssen.
Impfung gegen saisonale Grippe
Die jährliche Impfung gegen saisonale Grippe (Influenza) wird insbesondere älteren Menschen ab 60 Jahren, chronisch Kranken jeden Alters, medizinischem Personal sowie Frauen, die während des Winterhalbjahrs schwanger sind, empfohlen. Im Zeitvergleich (2012 bis 2020) zeigt sich bei den Schwangeren ein signifikanter Anstieg bei der Bewertung der Wichtigkeit der Impfung gegen saisonale Grippe für sich selbst (wichtig oder besonders wichtig). Für die anderen Indikationsgruppen bzw. für die Befragten insgesamt zeigt sich jedoch kein entsprechender Trend. Etwas mehr als zwei Fünftel der chronisch Kranken und etwa die Hälfte der Senioren setzen die Impfempfehlung für saisonale Grippe eigenen Angaben zufolge um. Von den Personen, die im medizinischen Bereich mit Patientenkontakt tätig sind, gibt hingegen weniger als ein Drittel an, sich an diese Empfehlung zu halten. Als Hauptgründe für den Verzicht der Grippeimpfung werden Zweifel an der Wirksamkeit der Impfung und der Schwere einer möglichen Grippeerkrankung genannt, ebenso die nach eigener Einschätzung fehlende Zugehörigkeit zu einer Personengruppe, für die eine solche Impfung empfohlen wird. Der Anteil derer, die auf eine regelmäßige Grippeimpfung verzichten, weil sie Influenza nicht als besonders schwere Krankheit einschätzen, ist jedoch im Zeitvergleich (2012 bis 2020) gesunken. Gleiches gilt für den Anteil der Personen, die Angst vor Nebenwirkungen einer Impfung äußern.
Impfanlässe und -hindernisse
Häufigster Anlass für die Inanspruchnahme einer Impfung war der Rat oder Hinweis einer anderen Person, in der Regel einer Ärztin bzw. eines Arztes. Bei der Hälfte der jüngeren Menschen sind auch Familienangehörige entscheidende Ratgeber. Berufliche Gründe waren für gut ein Drittel, eine Reise für mehr als zwei Fünftel schon einmal Anlass, sich impfen zu lassen.
Jeder vierte Befragte hat in den letzten Jahren eine oder mehrere anstehende Impfungen nicht durchführen lassen. Begründet wird dies am häufigsten damit, dass Impftermine verpasst oder vergessen wurden, dass die Krankheit bereits durchgemacht wurde und dass der Verlauf der Krankheit, gegen die geimpft werden sollte, als nicht besonders schwer eingeschätzt wurde. Auch die Angst vor Nebenwirkungen der Impfung gehört zu den am häufigsten genannten Impfhindernissen.
Informationen und Beratung zu Impfungen
Gut ein Drittel der Befragten hat sich in den letzten zwei Jahren zu Impfungen für Erwachsene beraten lassen, wobei die Beratung fast ausschließlich durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgte, in der Regel durch Hausärzte. Die Schlüsselrolle der Ärzteschaft unterstreichen auch die Antworten auf die Frage, welche Möglichkeiten als geeignet angesehen werden, um sich über Impfungen zu informieren. Hier wird in sämtlichen betrachteten Bevölkerungsgruppen von fast allen Befragten sowie mit Abstand am häufigsten ein persönliches Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin genannt.
Wissen zu Schutzimpfungen
Die meisten Befragten nehmen den eigenen Informationsstand zum Thema Impfen subjektiv als sehr gut oder gut wahr; etwas mehr als ein Drittel fühlt sich weniger gut oder schlecht informiert. Ein ähnlich hoher Anteil hätte gern weitere Informationen, ganz besonders zur Wirkweise und Dauer der Schutzwirkung sowie zu möglichen Nebenwirkungen von Impfungen.
Wissensdefizite zeigen sich beim Thema Auffrisch- und Wiederholungsimpfungen: Gegen welche Erkrankungen wiederholt geimpft werden muss, um sicher geschützt zu sein, ist nur in Bezug auf Tetanus einer Mehrheit der Bevölkerung bekannt.
Impfpass
92 Prozent der Befragten geben an, einen Impfpass zu besitzen. Allerdings weiß gut ein Viertel der Impfpassbesitzer nicht oder nicht genau, wo sich dieser befindet.
IMPFUNGEN IM KINDESALTER
Einstellungen zu Schutzimpfungen
Die überwiegende Mehrheit der Eltern ist dem Impfen gegenüber positiv eingestellt. Mehr als drei Viertel bezeichnen sich selbst als Impfbefürworter. Ein Sechstel hat teilweise Vorbehalte und sieben Prozent eine „(eher) ablehnende“ Haltung gegenüber dem Impfen.
Fast alle befragten Eltern meinen, dass ihr Kind auf jeden Fall gegen Tetanus, Kinderlähmung, Masern, Mumps, Diphtherie und Röteln geimpft werden sollte. Auch sollten die Kinder aus der Sicht einer großen Mehrheit der Eltern gegen Keuchhusten, Meningokokken, Windpocken, Hepatitis B und Pneumokokken geimpft werden.
Grundsätzlich ist es nahezu allen Eltern wichtig, dass ihr Kind möglichst gut gegen ansteckende Krankheiten geschützt ist. Nur wenige Eltern glauben, dass als Folge von Schutzimpfungen Nebenwirkungen, die ärztlich behandelt werden müssen, oder gar bleibende gesundheitliche Schäden auftreten.
Einschätzung der Gefährlichkeit von impfpräventablen Erkrankungen
Die Analyse der Risikobewertung von Infektionskrankheiten zeigt, dass die impfpräventablen Erkrankungen, mit Ausnahme von Windpocken und Influenza, von einer (deutlichen) Mehrheit der Eltern als gefährlich eingeschätzt werden. Dies gilt im besonderen Maße für Kinderlähmung, Tetanus, Meningokokken, Diphtherie und Hepatitis B.
Impfhindernisse
Als häufigsten Grund für die Auslassung bzw. Verzögerung einzelner Impfungen nennen die befragten Eltern den angegriffenen Gesundheitszustand ihres Kindes bzw. Infekte zum Impfzeitpunkt. Weitere, jedoch deutlich seltener genannte Hindernisse beziehen sich auf eine eher skeptische Haltung gegenüber dem Impfen, wie etwa die Einschätzung, dass eine Impfung unnötig sei, die Befürchtung einer zu starken körperlichen Belastung des Kindes oder die Angst vor Nebenwirkungen und Impfschäden.
Wissen zu Impfungen im Kindesalter, bevorzugte Informationsquellen und Impfberatung
91 Prozent der Eltern fühlen sich sehr gut oder gut über Kinderimpfungen informiert. Neun Prozent bezeichnen ihren eigenen Informationsstand als eher schlecht oder schlecht.
Die Ergebnisse der Befragung belegen nach wie vor die zentrale Rolle der Ärzteschaft als Ansprechpartner der Eltern zum Thema Impfen. Fast alle Eltern haben eine feste Arztpraxis, die sie zur Behandlung ihres Kindes aufsuchen, in der Regel handelt es sich um eine Kinderarztpraxis.
Als Informationsquelle halten nahezu alle befragten Eltern das persönliche Gespräch mit der Ärztin bzw. dem Arzt für geeignet.
Eltern, die vor der letzten Impfung ihres Kindes in einem Aufklärungsgespräch über den Nutzen und die Risiken der empfohlenen Impfung beraten wurden, äußern sich nahezu durchweg positiv darüber. Allerdings gibt ein Fünftel an, eine solche ärztliche Beratung vor der letzten Impfung nicht erhalten zu haben.
EINSCHÄTZUNGEN ZUM CORONAVIRUS UND ENTSPRECHENDEM SCHUTZ
Persönliche Bewertung des Coronavirus SARS-CoV-2 und Anfälligkeit für eine Erkrankung an COVID-19.
Rund ein Viertel aller Befragten schätzt sich selbst als „(sehr) anfällig“ für eine Infektion mit dem Coronavirus ein. Jeweils mehr als ein Drittel stuft sich teilweise oder eher nicht bzw. überhaupt nicht als anfällig ein, sich mit dem Virus zu infizieren.
Für mehr als die Hälfte der Befragten ist das Coronavirus besorgniserregend, rund ein Drittel stuft das Virus als (eher) angsteinflößend ein.
Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung und mögliche Impfhindernisse
Sechs von zehn Befragten würden die Corona-Schutzimpfung nach eigenen Angaben „auf jeden Fall“ oder „eher“ in Anspruch nehmen, wenn sie nächste Woche die Möglichkeit dazu hätten. Mehr als ein Drittel ist diesbezüglich jedoch unentschieden oder würde dies nicht tun.
Als Impfhindernisse werden vor allem die Angst vor Nebenwirkungen sowie Zweifel an der Schutzwirkung der Impfung und der Schwere der Erkrankung geäußert.